Pirmasens – Stadtverwaltung führt ab Juni Bezahlkarte für Geflüchtete ein
Ab Juni erhalten alle der Stadt Pirmasens neu zugewiesene Asylbewerber ihrer staatlichen Leistungen zum Lebensunterhalt als Guthaben auf einer Chipkarte bzw. einer App.
Mit ihr können die Betroffenen Waren des täglichen Bedarfs wie Lebensmittel und Bekleidung künftig bargeldlos einkaufen.
Die „Social Card“ wird in Pirmasens ausschließlich Geflüchteten zur Verfügung gestellt, die keiner oder weniger als sechs Monate einer Arbeit nachgehen.
Von den bereits hier lebenden Flüchtlingen sind rund 70 Personen von der Regelung umfasst.
Der Stadtrat hatte in seiner Sitzung am 22. April 2024 die Verwaltung mehrheitlich mit der Einführung beauftragt. Die gesetzliche Grundlage dafür ist eine von Bundestag und Bundesrat beschlossene Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG).
In den vergangenen Wochen wurden im Amt für Jugend und Soziales die technischen Voraussetzungen für den Systemwechsel geschaffen. Parallel dazu wurden die Mitarbeiter geschult. Die Umstellung auf Bezahlkarten erfolgt sukzessive. Dazu werden die Betroffenen in Kleingruppen mit Dolmetschern über die Neuerung informiert.
Aus Sicht der Stadtverwaltung ist die „Social Card“ ein weiterer wichtiger Baustein innerhalb des erfolgreich angelaufenen Pilotprojektes „Pirmasenser Weg“, das seit Mai 2023 läuft. Der Kurs zielt darauf ab, Neuankömmlinge ab dem Tag der Ankunft vollumfänglich bei einer nachhaltigen Integration in die Stadtgesellschaft und das Berufsleben zu unterstützen.
Im Rahmen eines Pressegesprächs stellt Gustav Rothhaar, Leiter des Amtes für Jugend und Soziales, das neue Verfahren vor. Im Anschluss wird Oberbürgermeister Markus Zwick die erste Bezahlkarte aushändigen.
Treffpunkt: Mittwoch, 29. Mai 2024, 11 Uhr, Amt für Jugend und Soziales, Maler-Bürkel-Straße 33, 66954 Pirmasens
Wir laden Sie zu dem Termin ein. Aus organisatorischen Gründen bitten wir höflichst um eine formlose Rückmeldung, ob wir mit Ihrem Kommen rechnen dürfen.
Hintergrund: Die „Social Card“ basiert auf einer herkömmlichen Debitkarte und wird auf Guthabenbasis geführt. Sie unterscheidet sich optisch nicht von einer gängigen Bankkarte und funktioniert nur in Deutschland, nicht im Ausland. Außerdem sind Überziehungen, Karte-zu-Karte-Überweisungen sowie Transaktionen im In- und Ausland ausgeschlossen. Über eine Schwarzliste ist die Verwendung in speziellen Geschäften und von Dienstleitungen ausgeschlossen, darunter Spielcasinos und Wettbüros.
Das Abheben von Bargeld ist monatlich nur bis 150 Euro für Einzelpersonen oder den Haushaltsvorstand beziehungsweise 50 Euro für jedes weitere Familienmitglied möglich. Mit der Begrenzung soll unter anderem verhindert werden, dass Migranten Geld aus staatlicher Unterstützung in die Herkunftsländer transferieren und dadurch die menschenverachtende Schlepperkriminalität finanzieren.
In Pirmasens leben aktuell rund 200 Frauen, Männer und Kindern in 180 Bedarfsgemeinschaften, die Anspruch auf Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz haben. Davon haben bereits 60 Personen im ersten Arbeitsmarkt Beschäftigung gefunden (z.B. Logistik, Garten- und Landschaftsbau, Chemie- und Kunststoffindustrie). Aufgrund des Einkommens erhalten diese Personen derzeit keine laufenden Leistungen.
Rund 20 Bedarfsgemeinschaften mit rund 30 Personen erhalten aufgrund eigener Erwerbstätigkeit aufstockende Leistungen. 30 Personen sind in einer gemeinnützigen Tätigkeit beschäftigt (etwa in der kommunalen Grünpflege). Weitere 25 Menschen besuchen derzeit den Orientierungskurs, weitere 25 absolvieren den nachgelagerten BAMF-Integrationskurs.
Stichwort: Mit dem „Pirmasenser Weg zur Integration“ erhalten Betroffenen seit Mai 2023 lebenspraktische Hilfestellung für eine schnelle Orientierung in der neuen Heimat.
Für das innovative Pilotprojekt, das aus dem kommunalen Haushalt finanziert wird, konnte die Stadtverwaltung den Pfälzischen Verein für soziale Rechtspflege gewinnen. Das Modell hat bereits bundesweit für Aufmerksamkeit gesorgt, nicht zuletzt auch beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF).
Wer Probleme vermeidet, braucht sie später erst gar nicht zu lösen – so lautet verkürzt der präventive Ansatz der Stadt Pirmasens, im Kontext von Unterbringung und Versorgung Schutzsuchender auf frühestmögliche Integration zu setzen. Mit dem betont niederschwelligen Programm soll außerdem ein erfolgreicher Wechsel in den Arbeitsmarkt ermöglicht und gleichzeitig Fehlentwicklungen vermieden werden.
Beim Neustart in der Fremde werden die Asylsuchenden bereits ab dem Folgetag ihres Eintreffens in der Siebenhügelstadt eng begleitet und bei der Lösung ihrer individuellen Problemstellungen unterstützt – mit dem Ziel, im neuen Umfeld schnell Fuß fassen zu können.
Dazu hat der Pfälzische Verein für soziale Rechtspflege Zweibrücken im Auftrag der Stadt Pirmasens einen speziellen Kurs konzipiert, in dem die Teilnehmer aus unterschiedlichen Kulturkreisen nach ihren individuellen Bedarfen für soziale Gepflogenheiten und Erwartungen sensibilisiert werden.
Halbtags lernen die Geflüchteten dabei in kleineren Gruppen insbesondere, wo sie nach langem Weg angekommen sind und was von ihnen erwartet wird. Geklärt wird beispielsweise auch, wie das Arbeitsleben in Deutschland funktioniert und welche Rechte und Pflichten sich aus einem Miet- oder Handyvertrag ergeben und wie sich Einkäufe, Arztbesuche oder Ämtergänge organisieren lassen. Neben dem Schulen von Sachkenntnissen liegt ein weiterer Schwerpunkt der fortlaufenden Integrationskurse auf der Vermittlung von Sprachkompetenzen. Darüber hinaus werden die Teilnehmer in einem Praxisteil dabei unterstützt, aktuelle Angelegenheiten mit den Leistungsträgern zu klären, etwa beim Wechsel in andere Rechtskreise oder den Eintritt in den Arbeitsmarkt. Im zweiten Kursteil geht es um individuelle Fragestellungen aus der Runde. Bildungsniveau- und –nähe, Kultur und Muttersprache, aber auch der Grad der Traumatisierung sind hier sehr inhomogen verankert.
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