Pirmasens – Kläranlagen leisten Beitrag zu Gesundheitsschutz und Energiewende
Pressemitteilung Pirmasens
Kläranlagen leisten einen wichtigen Beitrag zum Gesundheitsschutz der Bevölkerung und sichern eine nachhaltige Nutzung der bei der Abwasserbehandlung zurückgewonnen Rohstoffe. Pirmasens nimmt mit zwei Pilotprojekten eine wichtige Vorreiterrolle in Rheinland-Pfalz ein.
Seit Oktober 2022 sind die Kläranlagen Blümeltal und Felsalbe Teil eines bundesweiten Netzwerkes im Bereich Abwassermonitoring. Gezielte Analysen können den Trend eines Infektionsgeschehens abbilden. Dieses Frühwarnsystem ist wesentlicher Bestandteil des Pandemieradars.
Am Standort Felsalbe zeigt sich außerdem am Beispiel Phosphor, wie Stoffkreisläufe geschlossen werden können. Die Anlage ist die einzige in Rheinland-Pfalz, die den in Düngemittel enthaltenen Phosphor und Stickstoff aus Klärschlamm ziehen kann.
Daniel Stich, Ministerialdirektor im Ministerium für Wissenschaft und Gesundheit, besucht zusammen mit Bürgermeister Michael Maas die Pirmasenser Kläranlage im Blümeltal. Die Politiker informieren sich dabei über das hier durchgeführte SARS-CoV-2 Abwassermonitoring und den Pandemieradar sowie über aktuelle Entwicklungen auf dem Gebiet der Abwasserwirtschaft.
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Treffpunkt: Donnerstag, 18. Januar 2024, 10 Uhr, Kläranlage Blümeltal, Blümelstalstraße 99, 66953 Pirmasens.
Hintergrund: Im Oktober 2022 wurde der durch das Robert Koch-Institut (RKI) betriebene Pandemieradar in das Infektionsschutzgesetz aufgenommen. Wichtiger Bestandteil dieses sogenannten Datendashboards ist die Trendanalyse der Viruslast im Abwasser, für die SARS-CoV2-2-Virusfragmente im Abwasser bestimmt werden müssen.
Die Analyse der Viruslast im Abwasser gibt unabhängig von Testungen an Menschen oder Meldungen bei Gesundheitsbehörden Auskunft über die Verbreitung von SARS-Co V-2-Viren und deren Varianten in Deutschland. Auch asymptomatische Infektionen werden durch sie erfasst. Jedoch können aus dem Abwassermonitoring keine Informationen über die individuelle Schwere von Erkrankungen oder die klinische Relevanz etwaiger Virusvarianten gewonnen werden. Ein Gesamtbild des aktuellen Pandemiegeschehens ergibt sich, wenn alle zehn Indikatoren des Pandemieradars zusammengelegt werden. Einmal fertig etabliert, kann das Abwassermonitoring als Frühwarnsystem dienen: Die Kurve der Viruslast im Abwasser steigt in der Regel mehrere Tage früher an als dies bei anderen Indikatoren des Pandemieradars der Fall ist. Damit kann wertvolle Zeit gewonnen werden, um gegebenenfalls Maßnahmen zur Eindämmung der Verbreitung des Virus frühzeitig zu ergreifen. Die Abwasserüberwachung wurde in mehreren Forschungsprojekten mit Förderung der EU-Kommission, des Bundesministeriums für Bildung und Forschung und mehrerer Bundesländer begonnen. Nunmehr finanziert das Bundesgesundheitsministerium in Zusammenarbeit mit dem Bundesumweltministerium im Vorhaben „Abwasser-Monitoring für die epidemiologische Lageüberwachung“ (AMELAG) die Etablierung fester Strukturen zur Abwasserüberwachung mit rund 30 Millionen Euro bis Ende 2024.
In Rheinland-Pfalz beteiligen sich 15 Klärwerke an dem Pilotprojekt. Dazu zählen neben Pirmasens u.a. auch Anlagen in Zweibrücken, Kaiserslautern, Landau, Germersheim, und Speyer. Dort werden seit Anfang Oktober 2022 zweimal wöchentlich Proben gezogen. Dabei handelt es sich um sogenannte Mischproben aus Abwässern, die binnen 24 Stunden in den Kläranlagen ankommen. Die Probe wird direkt nach dem Sandfang entnommen, also noch bevor das Abwasser in die Anlage gelangt. Mit einem Datenprotokoll versehen, wird die Flüssigkeit per Kurier nach Ingelheim transportiert. Im Labor der Bioscientia GmbH wird mittels PCR-Test analysiert, ob in den Abwässern genetisches Material von SARS-CoV-2 Viren enthalten ist. Die Daten aus Rheinland-Pfalz werden durch das zuständige Landesuntersuchungsamt (LUA) veröffentlicht und nach einer Standardisierung durch das Bundesamt für Umwelt an das Robert-Koch-Institut (RKI) weitergeleitet. Beim RKI erfolgt anschließend eine Trendberechnung für die epidemiologische Lagebewertung. Bundesweit sind etwa 170 Standorte an den Pandemieradar angeschlossen.
Im Oktober 2022 hat die EU-Kommission einen Entwurf für die Novellierung der seit 1991 geltenden Kommunalabwasser-Richtlinie vorgelegt. Mit dem Papier werden wichtige Anforderungen an die Abwasserwirtschaft gestellt, um als Teil des Green Deals die Null-Schadstoff-Vision 2050 zu verwirklichen. Bis 2050 soll die Verschmutzung von Luft, Wasser und Boden auf ein Niveau gesenkt werden, welches die Gesundheit der Menschen und intakte Ökosysteme bewahrt.
Der Richtlinienentwurf umfasst auch weitere ambitionierte Ziele für den Gesundheits-, Umwelt-und Ressourcenschutz. Bis 2040 sollen alle Kläranlagen ab einer Größenklasse von 10 000 Einwohnerwerten energieneutral sein, zudem soll Klärschlamm zukünftig so behandelt werden, dass wichtige Rohstoffe wie Phosphor effektiv zurückgewonnen werden können. Da Phosphor auf der Liste der EU für kritische Rohstoffe steht, ist die Rückgewinnung aus dem Abwasser und Klärschlamm von Bedeutung für die nachhaltige Ressourcenschonung. Das EU-Parlament hat am 5. Oktober 2023 einen entsprechend modifizierten Entwurf der EU-Kommission zur Novellierung der EU-Kommunalabwasserrichtlinie angenommen.
Die 2017 novellierte Deutsche Klärschlammverordnung (AbfKlärV) schreibt ab 2029 eine Rückgewinnungspflicht des Nährstoffes Phosphor aus Klärschlamm und Klärschlammaschen fest. Der von der EU als „kritisch“ eingestufte Nährstoff wird derzeit vor allem für Düngezwecke fast ausschließlich aus Nicht-EU-Staaten, darunter auch Russland, und unter umweltschädlichen Bedingungen abgebaut und importiert. Der aus Klärschlamm und Klärschlammaschen zurückgewonnene Phosphor soll insbesondere in der Landwirtschaft Einsatz finden. Die ab 2029 geltenden Vorschriften sollen es ermöglichen, bis zu 40 Prozent des in der Landwirtschaft gebrauchten Phosphor-Mineraldüngers durch Rezyklate zu ersetzen.
Die Stadtentwässerung Pirmasens ist mit den beiden Kläranlagen Blümeltal und Felsalbe auf den oben genannten Feldern bereits technologischer Vorreiter und zeigt welchen zusätzlich wichtigen Beitrag Kläranlagen neben der Abwasserbehandlung in Zukunft für die Gesellschaft leisten werden.
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