Pirmasens – Integration gefährdet: Stadt beantragt Zuzugssperre für Flüchtlinge

Bereits Anfang August hatte die Stadtverwaltung darüber informiert, dass wegen des vermehrten Zuzugs ukrainischer Kriegsflüchtlinge ein Aufnahmestopp verhängt werden sollte.

Grundsätzlich können ukrainische Kriegsflüchtlinge die Gemeinde frei wählen, in der sie wohnen möchten. Um aber einzelne Kommunen nicht zu überfordern, wird darauf geachtet, dass die Verteilquoten in den jeweiligen Gemeinden nicht wesentlich über- oder unterschritten werden. Deshalb können Kommunen, welche die landesinterne Aufnahmequote um mehr als 40 Prozent überschritten haben, die Aufnahme weiterer Vertriebener verweigern.

In der Stadt Pirmasens wurde diese Aufnahmequote laut dem von der zuständigen Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) herausgegebenen „Sonderreport Ukraine“ im Monat Juli um 82,6 Prozent überschritten. Angesichts dessen hatten sich Oberbürgermeister Markus Zwick und die Verwaltung entschlossen, bis auf Weiteres keine ukrainischen Kriegsflüchtlinge mehr aufzunehmen.

Vom Land wurde daraufhin mitgeteilt, dass die Zahlen dieses Sonderreports seit Mitte des Jahres nicht mehr anzuwenden seien. Stattdessen wurde auf die sog. Kommunalstatistik verwiesen. Laut dieser Datenquelle lag die Aufnahmequote in der Stadt Pirmasens Ende Juli bei 39,56 %, so dass die für einen Aufnahmestopp maßgebliche 40%-Marke äußerst knapp unterschritten wurde.

Da der Zustrom von ukrainischen Kriegsflüchtlinge weiter ungebremst anhält – allein in den ersten drei Wochen des Monats August wurden 20 Zuzüge registriert – hat die Stadt Pirmasens beim Land eine aktualisierte „Kommunalstatistik“ angefordert, um die Aufnahmequote zu überprüfen. Diese wird laut ADD Ende der Woche vorliegen.

Oberbürgermeister Markus Zwick geht davon aus, dass mit den neuen Zahlen die Voraussetzungen für einen Aufnahmestopp vorliegen dürften. Um einer drohenden Überforderung der Pirmasenser Stadtgesellschaft entgegenzuwirken soll der Aufnahmestopp dann unverzüglich umgesetzt werden,

Im Falle eines Aufnahmestopps werden betroffene ukrainische Kriegsflüchtlinge zur landesinternen Verteilung an die nächstgelegene Erstaufnahmeeinrichtung verwiesen. Eine Ausnahme gilt nur, wenn integrationsfördernde Kriterien vorliegen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn ausreichend Wohnraum zur Verfügung steht und Betroffene einer Arbeit nachgehen, die ihren Lebensunterhalt deckt.

Nachdem auch die Zuwanderung aller anderen Personen mit Fluchthintergrund ins Stadtgebiet von Pirmasens weiterhin sehr hoch ist, hat sich Oberbürgermeister Markus Zwick außerdem entschlossen, zusätzlich –  wie bereits im Jahr 2018 –  beim Land eine Zuzugssperre für sonstige Flüchtlinge zu beantragen.

Laut dem Königsteiner Schlüssel zur Verteilung der geflüchteten Menschen muss Pirmasens 0,99 % der rheinland-pfälzischen Flüchtlinge aufnehmen. Infolge von Binnenmigration haben zum 31.07.2024 jedoch 1,79 % der Personen mit Fluchthintergrund im Stadtgebiet von Pirmasens gelebt. Die eigentliche Aufnahmequote wurde damit um 81,55 % überschritten. Die Folgen dieser Überbelastung sind in vielen Bereichen spürbar:

Sozialamt und Jobcenter können die notwendigen Maßnahmen zur Förderung einer schnellen Integration wegen fehlender Kapazitäten nicht mehr sicherstellen. Das so erfolgreiche Projekt „Pirmasenser Weg zur Integration von Geflüchteten“ des Sozialamtes ist gefährdet. Dort muss der Erstorientierungskurs zeitweise mit der doppelten Anzahl von Personen belegt werden, was die Qualität der Integrationsarbeit natürlich massiv belastet.

Die Warteliste des Jobcenters für einen Sprachkurs wies im August 2024 bereits 50 Personen auf. Für Flüchtlinge, die nicht über die für den Arbeitsmarkt erforderlichen sprachlichen Qualifikationen verfügen, ist die Chance auf eine berufliche Integration gering.

Ähnlich wie in der letzten Flüchtlingskrise melden die innerstädtischen Grund- und Realschulen eine kaum mehr zu bewältigende Überlastung. Der Anteil ausländischer Kinder in den jeweiligen Klassen ist überproportional hoch. Infolge dieser Integrationslast tritt die Vermittlung von Bildungsinhalten völlig in den Hintergrund.

Gleiches gilt auch für die in der zentralen Innenstadt gelegenen Kitas. Auch dort ist der Anteil ausländischer Kinder überaus hoch. Die zu betreuenden Kinder stammen regelmäßig aus einer großen Vielzahl verschiedenster Nationen. Diese Kinder sprachlich und sozial zu integrieren, ist den Erzieherinnen und Erziehern kaum mehr möglich.

Im Einzugsgebiet der genannten Kitas besteht durch die schnell gestiegene Kinderzahl auch eine enorme Unterversorgung mit Kindergartenplätzen. Für viele Kinder ist ein Besuch einer Kita nicht mehr sichergestellt, obwohl die Stadt in den vergangenen Jahren ständig neue Kita-Plätze geschaffen hat und aktuell zwei neue Kita-Standorte vorbereitet.

Aufgrund der dargestellten Verhältnisse ist die Gefahr sozialer und gesellschaftlicher Ausgrenzung für die betroffenen Flüchtlinge sehr groß. Sie finden in Pirmasens bereits vorhandene Strukturen der jeweiligen Heimatnationen vor, welche eine Partizipation und Teilhabe in der aufnehmenden Gesellschaft praktisch unmöglich machen. Zwick befürchtet, dass die Betroffenen Deutsch nicht als wesentliche Verkehrssprache nutzen werden. Die beantragte Zuzugssperre soll Ausgrenzung vermeiden und die bestehenden Systeme und Institutionen im Stadtgebiet entlasten.

Stadt Pirmasens

Datum: 4. September 2024|Thema: Linkedin, Pirmasens, Top Aktuell|

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