Kaiserslautern – Beigeordneter Steinbrenner: „Vieles ist schon auf einem guten Weg!“
Interview: Eine erste Bilanz und Ausblicke nach sechs Monaten im Amt
Herr Steinbrenner, Sie sind aus Heidelberg nach Kaiserslautern gewechselt, haben sozusagen einen ganz frischen Blick auf die Stadt. Wie ist Ihr Eindruck?
Absolut positiv. Ich wurde hier in Kaiserslautern sehr herzlich aufgenommen, sowohl von den Kolleginnen und Kollegen der Verwaltung, als auch von den Bürgerinnen und Bürgern. Besonders positiv habe ich wahrgenommen, wie viele Menschen hier für Ihre Stadt brennen und etwas bewegen wollen. Das motiviert mich enorm.
Das deckt sich nicht mit der Selbstwahrnehmung vieler Einheimischer, die Kaiserslautern gerne in einem schlechten Licht darstellen…
Das stimmt, aber verstehen kann ich das nicht! Kaiserslautern hat schon heute viel zu bieten, die Liste ist lang. Alleine die wunderbare Natur, der Pfälzer Wald, ist schon ein Highlight. Daneben gibt es auch kulturell und gastronomisch einiges zu entdecken. Hier herrscht eine große lokale Identität, natürlich auch in sportlicher Hinsicht. Und als Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort ist Kaiserslautern ebenfalls nicht zu verachten. Also verstecken muss sich Kaiserslautern definitiv nicht.
Und ja, natürlich könnte die Stadt etwas mehr grün vertragen, weniger grau und weniger Blech. Aber da arbeiten wir ja gerade dran: Gebäudebegrünung, Entsiegelung von Flächen oder das Thema Wasser als verstecktes Potenzial, das man heben sollte, das alles haben wir auf dem Schirm. Klar, es gibt noch einiges zu tun, aber vieles läuft auch schon richtig gut.
Sie sind nun seit sechs Monaten Beigeordneter der Stadt Kaiserslautern. Können Sie schon eine erste Bilanz ziehen?
Ja, es lief total gut an. Alle sind sehr motiviert, die Stadt voranzubringen. Die Mitarbeitenden der Verwaltung geben ihr Bestes für die Zukunft von Kaiserslautern. Vieles ist schon auf einem guten Weg. Ein Meilenstein war zum Beispiel das Projekt „RBgreen“. Es war faszinierend zu sehen, wie konzentriert und ergebnisorientiert die Schüler*Innen gearbeitet haben. Ein tolles Projekt, das nun sogar in unser KIPKI Programm mitaufgenommen werden konnte und mit 260.000 Euro gefördert werden soll. Schön finde ich auch, dass die Umnutzung der Pfalztheaterwiese weiter Fahrt aufnimmt und wir den großen Wunsch vieler Lauterer, die lang ersehnte Renaturierung der Lauter, nun konkret angehen werden.
Gab es ein Highlight, einen besonderen Erfolg?
Absolut. Mein bisheriges Highlight war unser „Weihnachtswunder-Workshop“ zur Feuerwehr, dem ein einstimmiger Stadtratsbeschluss folgte. Es hat mich sehr gefreut zu sehen, wie alle Beteiligten mit teilweise gegenteiligen Ansichten miteinander Ideen erarbeitet und gemeinsam das Beste aus der Sache herausgeholt haben.
Als Baudezernent sind Sie verantwortlich für die Straßen wie auch für die städtischen Gebäude und haben dabei auch einige Großbaustellen geerbt wie etwa die Neue Stadtmitte. Sind Sie zufrieden mit den Abläufen?
Ja, da bin ich sehr zufrieden, es läuft alles in allem ziemlich rund und die Kommunikation intern wie extern läuft absolut vorbildlich. Wir haben aktuell kaum bis wenig Ärger – was nicht selbstverständlich ist, bei den Beeinträchtigungen, denen die Leute ausgesetzt sind.
Viele Baustellen und Verzögerungen, beziehungsweise deren Häufung haben wir oftmals gar nicht selbst in der Hand, da spielt die Witterung eine Rolle oder plötzlich anfallende Schäden, bei denen sofort reagiert werden muss. Da stoßen wir derzeit glücklicherweise bei den meisten Betroffenen auf Verständnis, was sicher auch mit der proaktiven Kommunikation der beteiligten Referate zusammenhängt.
Natürlich hätten wir uns auch gewünscht, dass das Wetter bei den Arbeiten an der neuen Stadtmitte etwas besser mitspielt, da haben wir leider einen mehrwöchigen Verzug zu vermelden. Die Pflasterarbeiten rund um die Tourist Information konnten jetzt aber glücklicherweise starten. Die Asphaltarbeiten müssen auf den April verschoben werden, wenn das Wetter (hoffentlich) beständiger ist. Bisher ist ja aber auch schon viel passiert, die Optik des Busbahnhof lässt sich inzwischen schon gut erkennen, eine neue Haltestelle ist bereits in Betrieb und die Sitzgelegenheiten um die Platane herum werden auch gerne genutzt.
Vor kurzem hat die Schillerschule Richtfest gefeiert – leider ein Paradebeispiel für ein öffentliches Bauvorhaben, das sich immer wieder verzögert. Wo sehen Sie hier Ansätze, dies zu verbessern?
Die Pandemie hat in den vergangenen Jahren für besondere Verzögerungen gesorgt. Das nur vorneweg. Diese Verzögerungen kommen noch on top zu den Grundproblemen, denen das öffentliche Bauen derzeit unterliegt: der Fachkräftemangel; natürlich auch das liebe Geld; personalintensive und eng getaktete Förderprogramme, die wir nicht ablehnen können und uns – oftmals unvorhergesehen – den Stundenplan diktieren. Trotzdem gibt es auch bei uns Prozesse und Abläufe, die es zu optimieren gilt. Es geht darum, etwa Rückkopplungsschleifen zu reduzieren und unsere vorhandenen Ressourcen bestmöglich auszuschöpfen. Um Bauzeit und Kosten zu sparen, könnte man zum Beispiel über Konstruktionen in Holzmodulbauweise nachdenken. Auch die Beauftragung eines Generalunternehmens, das für die gesamte Planung und Ausführung eines Bauprojekts zuständig ist, könnte zu einer gesteigerten Effizienz und einer Kostenreduzierung beitragen.
Steht 2024 ein großes neues Bauprojekt an?
Neben der neuen Stadtmitte haben wir nun auch die Beilsteinschule und die Fritz-Walter-Schule ebenso wie den Fachklassentrakt an der Goetheschule im Blick. Diese möchten wir angehen, wenn derzeit laufende Baumaßnahmen fertig gestellt worden sind. Langweilig wird es jedenfalls nicht.
Spannend wird es vor allem auch mit dem Rathaus, dessen Sanierung seine Schatten langsam vorauswirft. Wir kommen um dieses Thema einfach nicht mehr drum herum. Viele der Bauteile sind Original aus den 1960ern und pfeifen aus dem letzten Loch, wie etwa die Lüftungsanlage. Die gesamte Technik muss ebenfalls auf den neuesten Stand gebracht werden. Wir sind noch ganz am Anfang des Prozesses. Was ich aber schon voraussagen kann: Das wird eine Herkulesaufgabe.
Zum Thema “Zukunft der Arbeit”: Wie digital ist die Bauverwaltung inzwischen?
Sagen wir es mal so: Sie wird immer digitaler. Von meinem Dezernat kann ich berichten, dass mit Hochdruck daran gearbeitet wird, Abläufe und Verfahren immer weiter zu digitalisieren. Im Referat Bauordnung etwa wurde kürzlich die elektronische Bauakte eingeführt und Mitarbeiter*Innen dahingehend geschult. Die Erteilung elektronischer Baugenehmigungen soll bis Ende 2024 möglich sein. Auch unser Tiefbaureferat nebst neuem Gigabitkoordinator gibt richtig Gas, damit wir in Sachen Breitbandausbau weiter vorankommen.
Sie sind viel mit dem Rad in der Stadt unterwegs. Wie ist Ihr Eindruck von der Radinfrastruktur Kaiserslauterns?
Ich würde sagen, ausbaufähig trifft es hier ganz gut (lacht). Die Lücken im Radwegenetz müssen dringend weiter geschlossen werden, wir brauchen mehr Abstellmöglichkeiten und Anbindungen an Ortsteile und andere Pendlergebiete müssen weiter erschlossen werden. Insgesamt müssen wir daran arbeiten, die Innenstadt an das sich verändernde Mobilitätsverhalten anzupassen. Auch daran wird unentwegt gearbeitet, da ist auch unsere Radverkehrsbeauftrage sehr rührig. Die Radfahrergrünpfeile an den Ampeln sind da nur ein Beispiel. In der Pariser Straße wurde erst kürzlich der Radweg erneuert. Insgesamt sollten wir hier weiter im gesellschaftlichen Dialog und Austausch bleiben, wie kürzlich auch bei der Diskussion um die Rütschhofstraße, damit die Interessen aller Verkehrsteilnehmenden – insbesondere die der am besonders gefährdeten – berücksichtigt werden.
Kommen wir zum Schluss zum Klima- und Umweltschutz.
Da kommen wir zu den mitunter größten Zielkonflikten unserer Zeit: Wachstum versus Klimaschutz, mehr Begrünung versus weitere Flächenentwicklung, Auto- versus Radverkehr, alles hat seine Daseinsberechtigung, doch oft entsteht das Gefühl, man kann nur eines haben. Aber ich glaube, es muss nicht „entweder oder“ heißen. Man muss kreativ werden und neue Wege finden. Diese vermeintlichen Konflikte mit einander zu vereinbaren, sind Aufgaben innerhalb einer gesamtgesellschaftlichen und infrastrukturellen Transformation, die wir nur im Dialog und nur gemeinsam stemmen können. Die Stadt hat erfreulich früh tragfähige Konzepte für Klimaschutz und -anpassung entwickelt. Die gilt es nun umzusetzen. Um nur wenige herauszugreifen: Bei Maßnahmenpaketen wie KIPKI (Kommunales Investitionsprogramm Klimaschutz und Innovation) oder dem KKP (Kommunaler Klimapakt) sollen in diesem Jahr die erarbeiteten Maßnahmen und Schwerpunktpakete in die Umsetzung gehen und die vom Stadtrat beschlossene Klimaanpassungsstrategie ist ebenfalls weiter ein großes Thema. Aber auch da sind wir auf einem richtig guten Weg.
Wenn Sie nun in die Zukunft und den Lauf ihrer Amtszeit blicken, was wünschen Sie sich für Kaiserslautern?
Ich würde mir wünschen, dass Kaiserslautern so wahrgenommen wird, wie ich und alle Menschen, die die Stadt gut kennen, sie erleben: Eine Perle im Pfälzerwald und ein echter Geheimtipp für Besucherinnen und Besucher. Außerdem möchte ich daran arbeiten, dass wir trotz begrenzter Mittel Vorreiterstadt in Sachen Klimaschutz, Klimaanpassung und infrastruktureller Transformation werden.
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