Die Weltgesundheitsorganisation stellt fest: Lebenszufriedenheit steigt und das innere Wohlbefinden nimmt zu
Gründungsmitglieder des neuen Netzwerkes im mpk (c) Referat Kultur
Heilung durch Kultur – Bundesweites Netzwerk in Kaiserslautern gegründet
Einer von fünf Arztterminen hat nicht-medizinische Gründe wie Einsamkeit oder finanzielle Sorgen. Das englische Konzept der “Sozialen Verschreibung” verbindet Menschen mit Aktivitäten in Gemeinschaften, die diese Probleme angehen und Gesundheit und Wohlbefinden im Allgemeinen fördern können.
Auch in anderen europäischen Ländern gibt es bereits entsprechende Studien und Projekte. In England wurde 2019 die National Academy of Social Prescribing gegründet. Im Kern geht es darum, Kontakte zwischen Ärzt:innen sowie medizinischen Einrichtungen und Pflegeeinrichtungen zu Orten, Einrichtungen und Personen herzustellen, wo Menschen, die nicht oder nicht nur medizinisch therapiert werden sollen, einen Raum finden, wo sie auf andere Menschen treffen, gemeinsam etwas Schönes erleben oder auch selbst kreativ werden können.
In Großbritannien, Kanada und mehreren skandinavischen Ländern wird inzwischen sogar “Kultur auf Rezept” verschrieben. Erkrankte Menschen können so umsonst ins Konzert, Theater oder ins Museum gehen. Kunst und Kultur unterstützen die Gesundheit: Das Arts Council Englandwies nach, dass Arztbesuche um 37 Prozent und Krankenhauseinweisungen um 27 Prozent zurückgehen, wenn Menschen regelmäßig Kultureinrichtungen besuchen. Die Lebenszufriedenheit steigt und das innere Wohlbefinden nimmt zu, stellte die Weltgesundheitsorganisation fest, nachdem sie 2019 in einer Metastudie 900 Studien zur Wirkung von Kunst auf Gesundheit und Wohlbefinden ausgewertethat. Im Rahmen des “Kunst auf Rezept”-Programms in Schweden gehen Menschen mit einer psychischen Erkrankung, etwa einer Depression oder Phobie, zweimal pro Woche in einem Zeitraum von zehn Wochen ins Theater, in Museen oder in die Oper.
Im Museum Pfalzgalerie Kaiserslautautern (mpk) fand vergangenen Freitag zu diesen Ansätzen ein Workshop statt. Auf Initiative von Insa Schrader, Berlin, und Einladung von Steffen Egle, Direktor des mpk, trafen sich Akteur:innen aus ganz Deutschland, um dieses relevante Thema zu diskutieren. Mit dabei waren wichtige Player aus der Region: Tanja Hermann, Betriebsdirektorin des Pfalztheaters, Christoph Dammann vom städtischen Kulturreferat sowie eine Vertreterin des Pfalzklinikums Klingenmünster.
Das in diesem Rahmen von den Workshopteilnehmenden als Verein gegründete “Healing Culture Network” hat zum Ziel, “Healing Culture” in Deutschland ins Bewusstsein und in die breite Anwendung zu bringen. Dafür wird der Verein Partnerschaften zwischen Akteur:innen der Gesundheitsversorgung, der Pflege und Kulturschaffenden, mit Gesundheits-, Sozial- und Kultureinrichtungen, der Forschung und Lehre wie auch der Politik und Zivilgesellschaft initiieren und aufbauen. Darüber hinaus möchte er bei der Identifizierung von Fördermöglichkeiten unterstützen, Formate für Wissenstransfer entwickeln sowie eine Daten- und Wissensbasis aufbauen. Außerdem möchte der Verein mit seiner Arbeit zu einer ganzheitlichen Perspektive auf Gesundheit und Wohlbefinden beitragen und daran interessierte Menschen und Institutionen miteinander verbinden – auch auf internationaler Ebene, insbesondere gemeinsam mit Partnerorganisationen.
“In der aktuellen Ausgabe unseres Kultur- und Bildungsmagazins “Lutra” haben wir den Schwerpunkt auf “Kultur und Gesundheit” gesetzt und damit wohl einen Nerv getroffen”, erläutert Christoph Dammann. Er habe die Satzung des neuen Vereins entworfen, die nun einstimmig angenommen worden sei. Die Gründungsmitglieder kämen aus medizinischen und kreativen Berufen und aus dem gesamten Bundesgebiet, der Verein werde seinen Sitz dann in Berlin haben. “Ich freue mich sehr, dass unser Workshop im mpk so schnell zu einer konkreten Umsetzung geführt hat”, zeigt sich Steffen Egle angetan. Der Anstoß dazu sei von der Berliner Architekturjournalistin Insa Schrader gekommen, die nun auch zur Vereinsvorsitzenden gewählt wurde. Nun gelte es, schnell viele Mitstreiter:innen zu gewinnen.
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