Wärmekonzepte für die Provinz
Sole-Wasser-Waermepumpe / © BinImGarten, Wikipedia /
Wärmekonzepte für die Gemeinden in der Pfalz
Existiert in deiner Gemeinde schon ein Plan wie eine klimaschonende Wärmeversorgung ansehen kann? Habt ihr mittlerweile in einer Gemeindeversammlung Möglichkeiten erörtert eine regenerative und damit schlussendlich kostengünstige Nahwärmeversorgung aufzubauen? Oder wartet ihr immer noch auf den entscheidenden Impuls aus der Gemeindeverwaltung? In letzter Zeit wird in den Medien viel über die Notwendigkeit von nachhaltigen Wärmekonzepten und Klimaschutzmanagement gesprochen. Doch was ist das genau?
Von unserem Mitarbeiter Andreas Cattarius (Gebäudeenergieberater) 13.08.2023
Fern- und Nahwärmekonzepte
Erneuerbare Energie zahlt sich schon mittelfristig aus! Gerade Gemeinden sollten längerfristig denken und trotz hoher Investitionskosten am Anfang des Aufbaus eines Fernwärmenetzes, in Bewegung kommen und die oft schon vorhandenen Konzepte umsetzen. Auch für neue Konzepte gibt es schon viele Vorreiterbeispiele, die nachahmenswert sind – das Rad muss also nicht neu erfunden werden.
Der Klassiker, das heiße Netz, nutzt die Abwärme von Industriebetrieben. In gut isolierten Rohren wird die Heizwärme direkt an die Haushalte verteilt. Schon in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts gab es in Deutschland etwa 40 Fernwärmenetze, die diese Form der Wärmeerzeugung zu nutzen wußten. Doch viele dieser Industriebetriebe sind mittlerweile Geschichte. Einige wurden in Blockheizkraftwerke, die auch Strom erzeugen, umgebaut, doch nach einer Förderphase in den 1970er Jahren kam der Ausbau der Wärmenetze während der Kohl-Ära längere Zeit fast zum Erliegen.
Geothermie
Im Zusammenhang mit Fernwärme wird die Geothermie immer wieder als eine adäquate Lösung angesehen. Doch eine Tiefengeothermie macht im Oberrheingraben oder in der norddeutschen Tiefebene Sinn. In den Mittelgebirgen Deutschlands sind solche Tiefenbohrungen aufwendig, damit teuer und deswegen oft unwirtschaftlich. Hier müssen andere Lösungskonzepte her.
Die oberflächennahe Geothermie ist eine der Möglichkeiten. In 400 m Tiefe herrschen konstant etwa 20°C. In einem Kaltwasser – Fern- bzw. Nahwärmenetz zirkuliert dieses Wasser mit noch ausreichender Wärmeenergie von eben diesen 20° Celsius, dass mittels Wärmepumpe auf die richtige Temperatur angehoben wird …
Bei einem Kaltwärmenetz wird die Temperaturanhebung dezentral durch kleine Wärmepumpen bei jedem Nutzer gemacht. Kaltwärmenetze haben keine Energieverluste im Netz, sondern können im Gegenteil als Teil des unterirdischen Wärmetauschers zur Energieextraktion genutzt werden / © Envipo/Andy C.
Kalt-Wärmenetze
Die geringe Wärme eines solchen Netzes kann aus der Abwärme von Biogasanlagen, der Gülle von Bauern, Serveranlagen oder der Abwärme diverser Gewerbebetriebe entstehen. Alles was eine nur mäßige Abwärme in größeren Mengen erzeugt, ist ein potenzieller Energielieferant. Doch im Gegensatz zu einem heißen Netz, dass die Heizwärme direkt zur Verfügung stellt, braucht das Kaltwärmenetz hinter den Anschlußpunkten noch eine Sole-Wasser- oder Wasser-Wasser-Wärmepumpe.
In diesen Anergienetzen, wie Kaltwärmenetze auch genannt werden, zirkuliert dann 5°C kaltes bis 25°C lauwarmes Wasser, dass an den jeweiligen Hausstationen mit der Wärmepumpe auf die richtige Heiztemperatur (VL = 55°C) angehoben wird.
Sole-Wasser-Wärmepumpen kosten momentan (2023) zwischen 12.000 € und 15.000 € zzgl. Montagekosten. Doch der große Vorteil eines Anergienetzes: Es fallen keine weiteren Bohr-, Sondierungs- oder Grabungskosten mehr an. Der Energieträger wird direkt an einen Übergabepunkt geliefert. Und im Vergleich mit einer günstigeren Luft-Wasser-Wärmepumpe sind Sole-Wasser-Wärmepumpen nochmal deutlich effizienter.
Kalte Wärmenetze eignen sich hervorragend für die Nutzung von Abwärme aus Industrie und Gewerbe / (c) Richard Croft / Wikipedia
Gleitende und heiß/kalte Wärmenetze
Beide Netzvarianten lassen sich mit verschiedenen Temperaturniveaus fahren. Es sind zukunftsoffene intelligente Systeme, sowohl was die Wärmegewinnung als auch deren Verbrauch betrifft. Erobern innovative Neuerungen den Markt, lässt sich beispielsweise ein älteres Blockheizkraftwerk durch neue, noch effizientere Strom-/Wärmeerzeuger ersetzen – zum Beispiel die Technologie mit der Brennstoffzelle.
Das auffallende Leistungsmerkmal für diese intelligenten Nahwärmenetze ist, dass Energie aus der Umwelt zentral für die Wärmeerzeugung gewonnen und dann nach Bedarf (Wärme on demand) verteilt wird. Darüber hinaus kann auch Abwärme unterschiedlicher Herkunft und unterschiedlichen Temperaturen in das Wärmenetz einfließen.
Spezielle Wärmepumpen (z.B. von Buderus) erlauben dabei auf der Verdampferseite Quelltemperaturen bis 50°C. Sie müssen weniger Hubarbeit verrichten und laufen daher mit besserem COP (Coefficient of Performance). Außerdem können solarthermische Anlagen dann auch wesentlich effektiver Wärme in das Kalt-Wärmenetz einspeisen.
Sektorenkopplung
Die Vernetzung der Sektoren Energiewirtschaft und Industrie mit den Sektoren Elektrizität und Wärmeversorgung sowie der (Elektro-)Mobilität dürfen nicht, wie bisher, als die Summe einzelner Teile, sondern sollten als Ganzes, als Einheit betrachtet werden. Heizung, Kühlung und Transport verbrauchen derzeit noch große Mengen fossiler Brennstoffe. Werden diese Sektoren mit der Stromerzeugung gekoppelt, ergeben sich auch Lösungen für das Problem der schwankenden Stromerzeugung aus Sonnen- und Windenergie.
Die Sektorenkopplung bedeutet eine Verbindung vom Strom-, Transport- und Wärmesektor – Transport deckt den Verkehr ab, Wärme das Heizen und Kühlen. So wird es möglich, überschüssigen Strom zu nutzen, um Häuser zu heizen, Wärme in Fernwärmenetzen zu speichern, industrielle Prozesse zu kühlen und die Batterien von Elektroautos aufzuladen – alles zugleich.
Sektorkopplung und Funktion von Power-to-X-Technologien / © Bartz/Stockmar, Wikipedia
Die „intelligente“ Verflechtung der Energienetze ist dabei der steuernde Teil einer Sektorenkopplung: Wärme aus den Nahwärmenetzen und Strom beispielsweise einer lokalen Solarthermie- oder Photovoltaikanlage einzelner Quartiere wachsen zusammen. Überschüssige Energie, die gerade nicht gebraucht wird, wird gespeichert. Der Bereich „Wohnen und Wärme“ bietet da vor allem Potenzial in Nahwärmenetzen und damit Quartierslösungen, die diesen momentanen Bedarf an Energieverbrauch intelligent steuerbar machen.
Insbesondere der zukünftig immer strenger auszulegende Primärenergiefaktor, den die Bauträger nachweisen müssen, lässt sich durch ein gemeinsames Nahwärmenetz besser lösen als bei einer individuellen Versorgung von Gebäuden. Also engagiert euch, und macht euren Gemeindeverwaltungen oder Verbandsgemeinden klar – je länger wir warten, desto mehr bezahlen wir in der Zukunft!
Wer sich weiter informieren möchte, kann dies auf diesen Websites tun:
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