Das Zisterzienser Kloster Chorin – Eine Tagesreise …
Kuhställe, Brauerei und Schnapsbrennerei / © Andy C.
Unterwegs mit einem Elektroauto
Etwa 70 Kilometer nordöstlich von Berlin liegt das Kloster Chorin. Den Berliner Stadtverkehr eingerechnet benötigen wir in unserem nagelneuen Elektroflitzer, einem Porsche „Taycan“ über die A11 eine gute Stunde bis zu unserem Ziel. Fast lautlos gleiten wir über die gesamte Strecke …
Unterwegs mit dem Deutschland-Ticket
Mit den Öffis allerdings sind es nur 20 Min länger – ihr müsst jedoch umsteigen: Ab Berlin Hbf mit dem RE3 und in Schwedt Bf weiter mit dem Bus 912. Bei Ankunft befindet sich die Haltestelle schräg gegenüber des Museumseingangs. Entweder ihr habt schon ein Deutschland-Ticket oder ihr zahlt für die Strecke Berlin – Chorin und zurück z.Z. 19,00 €.
… Nach ein paar Minuten zu Fuß erreichen wir den Eingang. Neben dem Kassenbereich mit Buchhandlung befinden sich Austellungsräume in denen regelmäßig zeitgenössische Kunst präsentiert wird. Die Sammlung mit den wertvollen Artefakten, Fundstücke die in und um dem Kloster herum gefunden bzw. ausgegraben wurden, befindet sich im „Amtsgebäude“ ein östlicher Anbau an das Kloster.
Der östliche gelegene Kreuzgang (dahinter befindet sich auf der Höhe der Kapelle das Amtshaus) / © Andy C.
Besucht das Kloster unter der Woche
Als wir auf zahlreichen Fotos (Internet) sahen, wie gut besucht das Freilichtmuseum „Kloster Chorin“ an den Wochenenden sein kann, entschlossen wir uns das Kloster unter Woche zu besuchen. Da wir nur für einen Tagesausflug Zeit hatten, schauten wir uns vormittags das Klostergelände und nach dem Essen in der „alten Klosterschänke“ das Schiffshebewerk bei Niederfinow an.
Geschichte in aller Kürze
Das ehemalige Zisterzienserkloster Chorin wurde um 1273 auf dem Gebiet des Slawendorfes Ragösen gegründet. Es gehört heute zu DEN bedeutenden Baudenkmälern der frühen Backsteingotik in Brandenburg. Die Klosterruine ist ein gutes Beispiel für die Entwicklung der Denkmalpflege in Deutschland. Die gotische Formensprache und die filigrane Ornamentierung großer Vorbilder wie Köln oder Paris, wurde in Chorin zum ersten Mal in Brandenburg in der Bauweise “Backsteingotik” ausgeführt.
Gesamtansicht von Süden her / © Andy C.
Mitte des 16. Jahrhunderts lösten die Brandenburgischen Fürsten das Kloster auf. Anfangs zu einem Kammergut umfunktioniert, beherbergte es später ein Domänenamt (Länderei- und Eigentumsverwaltung). Karl Friedrich Schinkel, der maßgeblich zur Erhaltung des Ensembles beitrug, bezeichnete Bauwerke, wie das Kloster Chorin, als “des Landes schönsten Schmuck”.
Das Kloster entstand als Filiation (Tochterkloster) des Klosters Lehnin und wurde von den brandenburgischen Markgrafen gestiftet. Doch bevor der Bau an der heutigen Stelle in Chorin erfolgte, wurde 1258 erstmal der Bau von Gebäuden für eine Abtei auf einer Insel (heute eine Halbinsel) im Parsteiner See begonnen. Da sich der Platz jedoch bald für die wirtschaftliche Entwicklung als ungünstig erwies, erfolgte ein Umzug nach Chorin. Überliefert ist allerdings auch, dass es den Mönchen schlicht zu beschwerlich war, alles auf eine Insel zu bringen.
Der Klosterhof mit den Kreuzgängen links und rechts / © Andy C.
Durch seine Lage im Grenzgebiet zum Königreich Polen stand Chorin im Mittelpunkt politischer Ereignisse und die Äbte fungierten ab Mitte des 15. Jahrhunderts sogar als kurfürstliche Berater. Das Kloster jedoch wurde dann im Zuge der Reformation aufgelöst – die Landesfürsten wurden protestantisch. Im 19. Jahrhundert fanden erste archäologische und bauhistorische Arbeiten statt, an denen sich auch Friedrich Schinkel engagierte.
Abb. 1: Blick in Richtung des nicht mehr vorhandenen Kreuzgangs und nördlichen Seitenschiffs
Abb. 2: Der Chor nach Osten & Östlicher Kreuzgang mit Kapelleneingang
Abb. 3: Westlicher Kreuzgang / © Andy C.
Ornamentik und Maßwerk in der Backsteingotik
Backstein setzte sich schon früh als Ersatzbaustoff für Naturstein durch, da es im norddeutschen Flachland an Bruchsteinen und Felsen mangelte. Das Ausgangsmaterial für die Ziegelherstellung ist Lehm, der dort reichlich vorhanden ist. Als Standard beim Bau repräsentativer Gebäude wurden Ziegel im sogenannten Klosterformat (ca. 300 × 150 × 100 mm) verwendet. Klostersteine und Formziegel wurden dabei nicht in Bauhütten, sondern von spezialisierten Ziegeleien in der Nähe der Baustellen hergestellt.
Die Backsteingotik ist insofern bemerkenswert, als dass die Bausteine zur Errichtung eines Gebäudes aus geformtem und anschließend gebranntem Ton bestehen. So wurde auch das Maßwerk aufgebaut: “Formstücke” wurden geformt und die fertig konstruierte (geknetete) Form aus lehmigem Ton dann in einer Ziegelei gebrannt.
a) In Ton gebrannte Friese / © Christian Pagenkopf
b) Tönener Formstein für Maßwerk. Fundort: Demmin (Mecklenburg-Vorpommern) / © Poupou L´quourouce
c) Kloster Chorin, (Schein-)Säulenkapitell, aus Ton geformt und gebrannt / © Andy C.
d) Tönerne Maskensteine an der katholischen Kirche Sint-Gangulfuskerk in Belgien / © Gouwenaar
Auch Friesbausteine wurden vor dem Brand in eine Form hinein geknetet (ihr müsst euch das wie Förmchenfiguren in einem Sandkasten vorstellen). So entstanden ganze Friese durch die Vervielfältigung solcher Formabdrucke. Und genau das macht die Ornamentik in der Backsteingotik aus. So wurden hierzulande aus ordinären Steinmetzen richtige Bildhauer, die oft ein Tonmodell vor der eigentlichen Skulptur anfertigen, um die Figur dann bildhauerisch auf den Stein zu übertragen.
Mehr als (nur) eine Tagesreise: Kloster und Klostermuseum, zahlreiche Events, der Wald und ein Schiffshebewerk …
Zusätzlich zu den touristisch erschlossenen Sehenswürdigkeiten gibt es umfangreiche Schlafmöglichkeiten, um aus einem Tagesausflug eine mehrtägige Reise zu machen: zahlreiche Hotels, Ferienwohnungen und ein Campingplatz sind in diesem ausgedehnten Naherholungsgebiet zu finden. Hier eine Übersicht:
Direkt neben dem Kloster, also östlich, liegt das Amtshaus, dass bis heute komplett erhalten ist. 2007 wurde das unter historischen Gesichtspunkten sanierte Gebäude wieder eröffnet: Jetzt befinden sich die Dokumentation zur Geschichte des Klosters und weitere Ausstellungsflächen im Amthaus. Auch die Landeswaldoberförsterei Chorin befindet sich (noch) im Gebäude.
Das im Jahre 1934 in Betrieb genommene Schiffshebewerk Niederfinow ist das älteste noch arbeitende Schiffshebewerk Deutschlands. Dass dieses Schiffshebewerk bzw. Wasserstraße wirtschaftlich ist und noch gebraucht wird, bezeugt ein Neubau dieser monumentalen technischen Architektur – das alte Hebewerk ist denkmalgeschützt und bleibt deshalb natürlich erhalten.
Das Schiffshebewerk wird neu gebaut … / © Ralf Roletschek
Choriner Wald ist Waldgebiet des Jahres 2023
Der Titel wird seit 2012 jedes Jahr vergeben und geht 2023 an den Choriner Wald. Das “Waldgebiet des Jahres” geht erstmals ins Land Brandenburg. Am Choriner Wald beeindruckte die Juroren des “Bundes deutscher Forstleute” insbesondere der vorbildliche Waldumbau zu naturnahen Buchen- und Eichen-Mischwäldern.
Seine Funktion als wissenschaftliches Studienobjekt für die nahegelegenen Forschungsinstitute ist ein weiterer Grund für diese Auszeichnung. Darüber hinaus ist er überregional bekannt und beliebt bei Erholungs- und Natursuchenden. Das renaturierte Waldgebiet ist Teil des Biosphärenreservates Schorfheide-Chorin. Zum Schluß noch ein Videoclip zum eintauchen:
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