Die Artikelserie, in der dieser Text erscheint, heißt ja „Wie die Kunst entsteht“, und das bezog sich bisher auf die überschaubaren räumlichen und technischen Möglichkeiten des häuslichen „Home Recording“ bei modernen Musikproduktionen. Dass es außerhalb dieser schon recht gut funktionierenden Heimstudios aber auch deutlich aufwendiger zugehen kann, zeigen Produktionen in gut ausgestatteten Tonstudios – so wie in jenem des Kaiserslauterer Musikers und Tontechnikers Willi Müller.

In der Musik spielt vor der Technik immer der Mensch die größere Rolle. Und da hat Müller eine Menge mehr zu bieten als „nur“ ein guter Lokalmusiker zu sein. Der seit den 1970er Jahren aktive Künstler genoss Klavierunterricht, studierte Schlagzeug, war schließlich Mitglied in bekannten Bands wie den Spunks und Peppermint Patty.

Mehr noch: In diversen Gruppen spielte er etwa im Vorprogramm von Manfred Mann´s Earth Band und von Gunther Gabriel, absolvierte Fernseh-Auftritte, spielte nicht zuletzt mit seiner eigenen Willi Miller Band bei ungezählten Konzerten. Manch anderer Bühnenaktive wäre mit alledem wohl schon zufrieden gewesen.

Müller indes wollte die Musik nicht einfach nur „machen“, er wollte sie auch aufnehmen und bis zur Perfektion so abrunden, dass sie auf Platte, auf CD und schließlich bei Streamingdiensten den besten Eindruck machten – die Idee zu einem eigenen Tonstudio war geboren. 1988 wurde der Traum real, und Müller konnte in Reichenbach-Steegen sein erstes Studio eröffnen. 2001 dann richtete er in Föckelberg (Kreis Kusel) die zweite (wie zuvor schon ebenfalls selbst gebaute) Version des bis heute betriebenen „Tonstudio Musicland“ in seinem aktuellem Wohnhaus ein.

Zahllose Produktionen von Solisten und Bands wie Pete Lancaster, Winterland, Cook´s Garage und Superior sowie eigener Musik-Projekte wurden bis heute in Müllers Tonstudios aufgenommen und/oder sauber abgemischt und schließlich gemastert, also der letzte Feinschliff verliehen. Ja, direkt live aufnehmen kann man auch hier natürlich (obwohl es Künstler gibt, die im Studio „nur“ ihre eigenen Vorab-Aufnahmen veredeln lassen wollen).

Im Nebentrakt der Wohnräume – in einer umgebauten ehemaligen Scheune – betritt man dazu zuerst einen überschaubaren Bühnenraum mit einem erhöhten Auftritts-Areal, darauf ein komplett aufgebautes Schlagzeug, an der Wand ein Klavier, dazwischen und davor zahllose Kabel, Hochleistungs-Mikrofone, Profi-Lautsprecher und allerlei elektronisches „Kleingerät“ für die Aufnahme.

Entscheidend für diese Aufnahmen sind unter anderem Raumgröße und Wandstruktur. Daher wurde vor der Einrichtung des Studios alles genau vermessen, der Raum schalldicht isoliert, an den Wänden zur Eindämmung von unerwünschten Effekten und zur Verbesserung der Klangqualität so genannte Absorber angebracht.

Das eigentliche Tonstudio ist im Regieraum nebenan untergebracht. Das Herzstück ist hier ein großes Mischpult mit einer für Laien verwirrenden Anzahl von Reglern und Anzeigen sowie ein darauf abgestimmter leistungsstarker Spezial-PC zur Audio-Bearbeitung. Mit zahllosen Kabeln und Steckern damit verbunden sind viele elektronische Spezialgeräte, etwa so genannte Audiowandler, Sound-Kompressoren und Studio- Lautsprecher – überschau- und beherrschbar nur noch von Profis wie Willi Müller, der das Geschehen auf der Bühne durch ein Fenster hinter dem Mischpult verfolgen und anleiten kann – etwa, wenn ein Part wiederholt werden soll.

Alles hier steht im Dienste des besten Ergebnisses. Es werden Lautstärken angepasst, Effekte hinzugefügt, einzelne Tonspuren bearbeitet, zusammengefügt und zu einem kohärenten und ausgewogenen Klangbild zusammengestellt. All das hat der autodidaktisch gebildete Willi Müller in der langen Zeit des Bestehens seiner Tonstudios schon immer erfolgreich gemacht.

Aber auch das genügte ihm noch nicht. Der Musiker und Techniker wollte nicht nur die Musik, sondern auch sich selbst perfektionieren. Er beschloss, sich auch noch im „reiferen Alter“ weiterzubilden und eine entsprechende berufliche Ausbildung zu durchlaufen. Der Ehrgeiz lohnte sich: Im letzten Jahr schloss er sein Studium zum Tontechniker (inklusive der Studienbereiche „Mastering“ und „Gesang“) erfolgreich ab.

Apropos Gesang: Auch für diesen speziellen Part innerhalb der Aufnahmetechnik verfügt Müllers Regieraum über einen besonderen Platz, eine kleine Gesangs-Kabine für exakt eine Person. Von draußen dringt hier kein Ton herein, drinnen hört man schweigend außer dem eigenen Atem so gut wie nichts – eine seltsame, für Ungeübte verwirrende Situation, dem sich der Schreiber dieser Zeilen interessehalber einmal (kurz) ausgesetzt hat.

Es war nicht der einzige Selbstversuch. Wenn man schon einmal hinter die Kulissen eines Tonstudios schauen kann – durfte ich hier vielleicht dann auch selbst einmal…? Ich durfte, und so spielte ich am Studio-Klavier eine (nicht sehr professionelle) Version von Uriah Heeps „Lady in Black“ ein. Das reine Material war nicht besonders beeindruckend, aber Müller hat die Aufnahme danach buchstäblich ordentlich „aufgemischt“ und den Titel richtig gut klingen lassen. Beeindruckend! Wie überhaupt der ganze Blick in und auf eine sonst eher unbekannte Welt, in der die Musik, die Kunst auf besondere Art entsteht…

Author: |Datum: 20. Februar 2024|Thema: Angebote und Tipps, Computer und Technik, Expert:innen|
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